Freitag, 19. August 2016

Matthias Zschokke - Die Wolken waren groß und weiß und zogen da oben hin

Roman, Rezension, Literatur

Roman, Protagonist und Erzähler, empfängt uns in seiner Gedankenwelt und seinem Alltag. Dieser wird durch klare Strukturen und feste Routinen bestimmt. So geht er immer zur selben Zeit seine Zeitung kaufen und verhält sich auch ansonsten erwartungskonform. Seine Nachbarn beobachtet er aufmerksam und gibt ihnen deutlich zu verstehen, wenn ihm ihr Verhalten missfällt. Bald schon versuchen alle, sich gegenseitig im Treppenhaus aus dem Weg zu gehen bzw.: sie vermeiden den Kontakt mit Roman, dabei könnte er ihnen so viele Tipps geben. Genauso wie er es in seiner Korrespondenz mit seiner Mutter oder seiner in Amerika lebenden Tante und seinem Freund B. macht. Täglich radelt er ins Büro, immer denselben Weg. Aber eigentlich träumt er davon, noch einen Film zu drehen oder wenigstens den Stoff als Theaterstück auf die Bühne zu bringen, dieses Mal wird er Erfolg haben. Doch sein Hauptdarsteller stirbt noch bevor Roman ihn überhaupt fragen konnte, ob er die Rolle übernehmen möchte.

Selten hat mich ein Roman so ratlos zurückgelassen. Zu Beginn stehen Romans unzählige Korrespondenzen im Mittelpunkt der Erzählung. Es hat durchaus unterhaltsame Momente, zu sehen, mit welcher Arroganz und Selbstüberzeugung er gute Ratschläge verteilt und sein (Besser-)Wissen an den Mann bzw. die Frau bringt. Auf eine passende Antwort wartet man jedoch vergeblich. Die erfolgt auch nicht im Mittelteil des Romans, in dem das komplizierte Verhältnis von Erzähler und anderen Hausbewohnern thematisiert wird. Auch hier kann er nach Gusto schalten und walten und den anderen seinen Willen aufdrücken. Dies misslingt erst im dritten Teil, als seine Film-/Theater-Idee abgelehnt wird und der Darsteller sich in den Tod verabschiedet. Jedoch hat die Ablehnung keinerlei psychologische Effekte, es erfolgt keine Selbstreflektion; der Protagonist bleibt stur und eindimensional wie gehabt. Durch die fehlende Entwicklung tritt beim Lesen nicht nur Gewöhnung auf, sondern es macht sich auch schnell Ablehnung breit, die einem bis zum Ende begleitet. Dort angekommen, fragt man sich, was einem dieser Roman sagen wollte. Mir hat er nichts gesagt und er hätte gerne nach 2/3 schon den Schlusspunkt finden können.


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