Sonntag, 2. August 2015

Ben Lerner - Leaving the Atocha Station

Adam ist erfolgreicher amerikanischer Lyriker. Dies verhilft ihm zu einem renommierten Stipendium in Madrid. Er hat zunächst größte Schwierigkeiten, die fremde Sprache, das fremde Land, auch das Geld erscheint ihm geradezu unwirklich. Nur dank seiner Tranquilizer, viel Koffein und noch mehr Haschisch kommt er durch den Tag. Er erkennt nach Wochen, dass er ohne Kontakt zu Spaniern nicht weiterkommen wird. In einer Bar macht er erste Bekanntschaften und bald schon findet er sich in einem kleinen Zirkel von Künstlern und Kunstliebhabern wieder. All die Gespräche um und über Kultur und Politik, Kunst und ihre Bedeutung lassen ihn immer wieder an seinen eigenen Fähigkeiten zweifeln. Auch sein Verhältnis zu Frauen ist nicht einfach: die Spanischlehrerin Isabel ebenso wie die Übersetzerin Teresa bleiben immer ein Stück weit von ihm entfernt und er findet auch selbst nicht zu sich. Sein ratsloses Suchen könnte sich ändern durch ein gravierendes Ereignis: die Anschläge auf den Atocha Bahnhof.


Ben Lerner hat ein ungewöhnlich intensives Buch über die Suche nach sich selbst, der Bedeutung des eigenen Lebens, Wahrhaftigkeit und die Kunst geschrieben. Sein Protagonist verbringt ein Jahr mit dieser Suche, durch die Sprache mit einer gewissen Distanz und im permanenten Zweifel darüber, was er ist und will. Kann die Unfähigkeit sich auszudrücken ihn noch eine ganze Zeit darüber hinwegretten und –täuschen, dass er nicht formulieren kann, was er denkt und will, wird dies zunehmend schwieriger. Auch die Beziehungen bleiben vage, das permanente Ungewisse schwebt in allen Lebensbereichen über ihm. Man fragt sich, ob dieser Mann ein reflektiertes Genie ist oder doch nur ein drogenkonsumierender Spinner, ob er tatsächlich etwas zu sagen hat oder bei abgegriffenen und geklauten Platituden bleibt. Man weiß es schlichtweg nicht. Antworten werden angerissen und doch nicht gegeben. 
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