Donnerstag, 30. April 2015

John Green - An Abundance of Katherines

Colin Singleton war ein Wunderkind und meistens ein Außenseiter. Leicht autistische Züge machten es nicht einfach und früh schon zeigt sich eine besondere Vorliebe: Mädchen mit dem Namen Katherine. Nummer 19 hat ihn gerade verlassen, was sich gut trifft, denn auch sein Freund Hassan braucht eine Auszeit, also gehen sie gemeinsam auf einen Roadtrip. Während der Fahrt will Colin an seiner Theorie über Verlassende und Verlassene – mit einem speziellen Blick auf Katherines – weiterarbeiten, Hassan will nur die Zeit mit Nichtstun totschlagen. Ihre Reise führt sie im kleinen Dorf Gutshot, wo sie auf Lindsay und deren Mutter Hollie treffen und prompt mit Unterkunft und einem Sommerjob versorgt werden. Die Ferien nehmen eine ungeahnte Richtung an.

Das Buch ist vom Plot her eher dünn, nimmt der Roadtrip schnell eine klare Richtung an und passiert dann nur noch wenig – mit unvermeidlichem Happyend. Dafür sind die Figuren vielschichtig und überzeugend gezeichnet, vor allem Colin kann durch seine wirklich seltsame Art überzeugen. Auch der Antagonist Hassan macht viel Freude als Sidekick, der Colin immer mal wieder auf Spur bringt. Das das Buch durchziehende Motiv der Katherines ist überaus komisch und die mathematische Formel, die Colin hierzu entwickelt hat sich mir zwar nicht erschlossen, scheint aber durchaus ihren Sinn zu haben.


Fazit: durchaus nett zu lesen, aber weit hinter den Erwartungen zurückbleibend.

Denis Gastmann - Geschlossene Gesellschaft

Ein Blick hinter die den meisten von uns verschlossenen Türen der oberen 10.000 verspricht Dennis Gastmann in seinem Buch. Ein Einblick in deren Alltag und ihr glitzerndes Leben an den schönsten Orten der Welt. Er trifft sich mit erfolgreichen Mittelständlern wie Reinhold Würth und Wolfgang Grupp, ukrainischen Oligarchen, Immobilienspekulanten in Katar, dem Haus und Hof Chirurg Mang oder dem etwas ältlichen Adel bzw. den eingeheirateten Neuadligen.

Das Buch verspricht viel und hält wenig. Zum einen scheitert der Autor daran, dass er zu den wirklich Großen und Reichen nicht durchdringen kann, sondern bestenfalls höfliche Absagen auf seine Anfragen kassiert. Der Rest tingelt seit Jahren durch drittklassische Privatfernsehsendungen, so dass deren Lebensstil weithin bekannt ist und wenig Interessantes zu bieten hat.

Was besonders unangenehm ins Auge fällt ist hierbei die Selbstdarstellung des Autors, der zum einen damit kokettiert, nicht mit den Gepflogenheiten in Cannes oder bei großen Events vertraut zu sein und sich furchtbar lustig findet, wenn er überall negativ auffällt. Zum anderen klingt aus jeder Zeile der pure Neid auf den Erfolg und noch viel mehr auf das Geld seiner Gesprächspartner. Abfällig zieht er über all diejenigen her, die ihn hereingelassen haben und ihm Zeit einräumen. Er macht sich über sie lustig und findet es scheinbar auch noch besonders gelungen, Versprechen über Veröffentlichungen zu brechen. An vielen Stellen ist hier Fremdschämen schlimmster Sorte angesagt und man weiß nach der Lektüre, warum viele Berühmtheiten sich nicht mit Journalisten abgeben wollen.

Montag, 27. April 2015

Mark Watson - Hotel Alpha

Ein Londoner Hotel – ein Mikrokosmos einer kleinen Welt. Graham, der Concierge, der den Job vor 30 Jahren bekam, weil er Mut zeigte und seinem Chef Howard York immer zur Seite stehen würde. In gute Zeiten, wenn das Hotel florierte, wie in schlechten Zeiten, bei einem Brand, als alles in Flammen aufzugehen drohte. Alles hat Graham im Hotel miterlebt und erzählt nun aus dieser Zeit, die viel mehr sein Leben war als das andere Leben zu Hause mit Pattie, das quasi gar nicht stattfindet. Im Wechsel dazu berichtet Chas, erblindeter Adoptivsohn Howards, dessen Leben tatsächlich nur im Hotel Alpha stattfindet und wo sich erst mit der Entwicklung der Computer ein Fenster nach draußen öffnet. Aber die Welt im Hotel Alpha kennt genauso ihre Dramen wie auch die Welt außerhalb der Hotelmauern und ein gut gehütetes Geheimnis droht jeder Zeit alles zum Einstürzen zu bringen.

Auch wenn der Handlungsort ein Hotel ist, spielt weniger das Geschehen dort eine Rolle als die zentralen Figuren mit ihren die Zeit überdauernden Konflikten und Geheimnissen. Der Protagonist Graham verkörpert die absolute Loyalität, die man einem sehr guten Concierge zuschreiben würde und die mit der Zeit dieser Art Personal ausgestorben zu sein scheint. Howard als der große Träumer, der seine Ideen umsetzen kann und mit seinen Visionen neue Welten schafft. Gegenpol dazu Chas, der die Welt nicht sehen kann und in dieser Scheinwelt des Hotels aufwächst. Ich hätte mir ein wenig mehr Hotel gewünscht, Besucher mit ihren Problemchen, aber die gibt es erst im Nachwort und dann auch eher lose additiv.


Insgesamt durchaus interessant, die Entwicklung von Chas auch gelungen und glaubwürdig, aber letztlich nicht das Buch, das ich erwartet hatte.

Sonntag, 26. April 2015

Britta Bolt - Das Büro der einsamen Toten

Im „Büro der einsamen Toten“ – genaugenommen das Amt für Katstrophenschutz und Bestattungen ist der Arbeitsplatz von Pieter Posthumus, der sich um nicht identifizierte oder vergessene Tote kümmert, die auf Kosten der Stadt Amsterdam bestattet werden. Ihm sind sie nicht egal und so forscht er stets ein wenig mehr nach als erforderlich wäre. So stößt er auf den Fall eines Marokkaners, der scheinbar ertrunken ist. Nur entfernte Angehörige hat er in der niederländischen Hauptstadt und seine zahlreichen Reisen nach Brüssel werfen Fragen auf. Auch die Tatsache, dass Posthumus bei der Wohnungsbesichtigung des Toten mit einem Taser überfallen wird, schreckt ihn nicht von weiteren Nachforschungen ab, sondern beflügelt seine Neugier. Doch er ahnt nicht, auf welche Abgründe er hier trifft und wie schnell er in einen hochaktuellen Fall gerät.

Der Auftakt einer interessanten Krimireihe, die etwas aus dem Rahmen fällt. Amsterdam als Handlungsort wirkt erfrischend neu bei all den Büchermarkt überflutenden Skandinavien- und Regionalkrimis bzw. den Klassikern aus London und den USA. Vor allem der Ton fällt hier besonders positiv auf, denn es fehlt die künstliche Hochspannung, dramatische Cliffhanger am Kapitelende und drastische Beschreibungen wüster Tatorte. Stattdessen herrscht eine leicht gediegene, aber sehr angenehme Erzählstimme, die einem Vergessen lässt, dass man im Krimi ist und stattdessen die Figuren nicht nur als Krimierfüller, sondern als Charaktere erscheinen lässt.

Der Protagonist Pieter Posthumus kann den Roman tragen. Sympathisch, nicht übermächtig, menschlich und mitfühlend nähert er sich dem Fall – tatsächlich ohne ihn klassisch aufzudecken. Die Nebenfiguren – seine Nichte Merele wie auch die Kollegen und privaten Freunde - bilden eine schöne Ergänzung und erscheinen ebenfalls glaubwürdig und authentisch. Der Fall selbst nähert sich in verschiedenen Handlungssträngen, die erst langsam ihren Zusammenhang entschleiern und zunehmend an Brisanz aufbauen. Für mich realitätsnah, aktuell und glaubwürdig.


Fazit: eine angenehme Abwechslung im Krimigenre, die auf weitere Bände hoffen lässt.

Pete Smith - Endspiel

Kurz vor Ende seiner Dissertation in Geschichte stehend übernimmt Lionel in einem Altenheim die Aufgabe, den Bewohnern Computer und das Internet näher zu bringen. So lernt er Elena Morgenstern kennen, die schon bald mit einer Bitte an ihn herantritt: ob er ihre Lebensgeschichte aufschreiben könne, als Historiker sei er prädestiniert. Er zögert noch, doch bald schon verlieren sich Lionel und seine Freundin Uli in dem schicksalhaften Leben der alten Dame. Als Kind der ostpreußischen Oberschicht im Nazi-Sinne erzogen erlebt sie Flucht, Vertreibung und Kasernierung. Und lernt dann den Mann ihres Lebens kennen - einen Juden - durch dessen Schicksal sie erst zu begreifen beginnt, was sich nach 1939 wirklich in ihrer Heimat abgespielt hat. Die Frankfurter Auschwitz Prozesse machen sie zwar sprachlos, doch dadurch entwickelt sie sich zu einer Sprecherin - wissend, dass nicht alles wieder gut zu machen ist.

Das Buch steigert sich mehr und mehr in die deutsche Geschichte. Der Titel - "Endspiel" - deutet auf den das Buch durchziehende roten Faden der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika, zu dessen Zeit die Handlung spielt. Wobei der Fußball auch an anderer Stelle eine Rolle spielt, ohne jedoch überbordend zu sein. Als Leitmotiv sehr gut gelungen. Das Cover hingegen, der verlassene Koffer auf den Gleisen, weist auf das andere, schwerwiegendere Thema des Buches, Auschwitz, hin. Eine zunächst verwunderliche Kombination, die jedoch schlichtweg gelingt. Die Leichtigkeit der Weltmeisterschaft und die Schwere der historischen Last sind gelungen verwoben worden.

Die Figuren sind mit den Protagonisten Lionel und Elena stark besetzt. Die Nebenfiguren treten hinter sie, insbesondere hinter Elena, zurück, deren lange Entwicklung nach und nach aufgefächert wird. Ein Beispiel deutscher Geschichte unter vielen, das jedoch facettenreich ist und Brüche aufweist, Fragen nach Schuld und Verziehen aufwirft. Auch die Schilderung des Prozesses - bedrückend und weder trocken noch distanziert.

Fazit: es gibt unzählige Romane, die sich mit dieser schwärzesten Zeit der deutschen Geschichte befassen. Dieser gehört erzählerisch wie auch aufgrund der erzählten Geschichte ganz sicher zu den besten und interessantesten.


Samstag, 25. April 2015

Sudhir Venkatesh - Floating City

Sudhir Venkatesh hat als Soziologe die Unterschicht und Unterwelt Chicagos erforscht, bevor er sich in die Metropole New York wagt. Ziel war es die Mechanismen der Dealer, Prostituierten und diverser Verbrecher am Big Apple zu beobachten und zu charakterisieren und mit der legalen Ökonomie zu vergleichen. Bald schon merkt er jedoch, dass sein Vorhaben sich in dieser Weise nicht realisieren lässt, weil ihm schlichtweg der Zugang fehlt. Was am Ende rauskommt ist weniger eine wissenschaftliche Abhandlung über die Schattenwirtschaft als persönliche Porträts und Schicksale, die vermutlich durchaus exemplarisch stehen können. Der Dealer Shine, der ihm berichtet, wie schwer der Zugang zur weißen Oberschicht ist, weil er die Codes nicht beherrscht und die Kommunikation nicht funktioniert. Das Callgirl Carla, die den Aufstieg schaffen könnte, aber ihr soziales Umfeld nicht verlassen möchte. So genannte „Managerinnen“, die betuchte New Yorkerinnen als Escort vermitteln – rein aus Spaß oder aus Unlust klassischen Jobs nachzugehen. Sudhir Venkatesh gleitet durch die Stadt und trifft sie alle und erlaubt dem Leser so ungewöhnliche Einblicke in die Unterwelt.


Das Buch lässt sich schwer einordnen. Ein erzählerisches Sachbuch, das nicht ganz stringent dem Thema folgt, sondern sich windet, im Kreis dreht, plötzliche Verknüpfungen schafft und episodenhaft das Thema darstellt. Die Menschen stehen im Mittelpunkt; viele Verhaltensweisen sind einem aus bürgerlich-deutscher Perspektive schwer nachvollziehbar, vieles ist jedoch auch gerade weil es so fremd ist sehr interessant und informativ zu lesen. Für mich am aufschlussreichsten waren die persönlichen Beziehungen, ohne die im Untergrund nichts läuft. Die Einzelschicksale berühren, aber hier blieb vieles zu vage, um wirklich hinter die Fassade der Menschen blicken zu können.

John Dryden - Pandemic

Pandemic ist Drydens dreiteiliger Audiothriller rund um einen Angriff mit einem hochgradig tödlichen Virus. Teil 1 spielt in der Gegenwart. Der Mikrobiologe Jan Roldano soll in Thailand einen Vortrag halten. Das Rahmenprogramm ist wenig erquickend, er wird an unzählige Orte geführt, nur um später doch bitte zu bestätigen, dass das Land in hervorragendem Zustand ist und die Labore auf internationalem Niveau arbeiten. In seinem Hotel kommt es zu einer sonderbaren Begegnung mit einem anderen Gast, der er jedoch keine weitere Bedeutung zuschreibt. Als man ihn um seine Meinung zu einem mutierten Virus bittet, ist es schon zu spät: das Vogelgrippe Virus ist in neuer aggressiver Form aufgetreten und nur wenige Stunden nach der Infektion kommt es zum Tod. Nicht nur aus Bangkok, sondern weltweit werden innerhalb weniger Stunden unzählige Todesfälle gemeldet.
Der zweite Teil springt fünf Jahre in die Zukunft. Die Weltbevölkerung ist drastisch gesunken, England wurde dank der Insellage nicht so stark in Mitleidenschaft gezogen, wie viele Entwicklungsländer. Als die Polizistin Diane Harper jedoch den Selbstmord eines Wissenschaftlers untersuchen soll, kommt ihr schnell ein böser Verdacht: war die Epidemie gar kein zufälliges Produkt der Natur, sondern geplant und wusste ihre Regierung davon?
Ein Sprung in die Zeit vor der Epidemie fügt die Puzzelsteinchen zusammen und schildert wie eine Gruppe von Umweltaktivisten immer drastischer Maßnahmen wählen, um ihre Interessen durchzusetzen.

Ein clever inszenierter Thriller, der mit den Ängsten der Hörer spielt und eines der erschreckendsten Szenarien fiktiv entstehen lässt. Jeder Teil ist eine in sich abgeschlossene Episode mit unterschiedlichen Figuren, so dass es eine Zeit dauert, bis das Gesamtbild der Dramatik entsteht. Dies macht aber den Unterhaltungswert der Geschichte aus, die Relevanz so mancher zunächst unbedeutender Nebensätze kommt er später zum Tragen. Insgesamt ein düsteres Bild von Menschen, die rücksichtslos ihre eigenen Interessen verfolgen und denen das Leben der anderen reichlich egal ist. Als Szenario insgesamt erschreckend glaubwürdig und vorstellbar. Man kann nur hoffen, dass diese Fiktion im Land der Imagination bleibt.

Louis Begley - Killer, Come Hither

Jack Dana, kriegserfahrener Soldat und erfolgreicher Autor, kehrt nach einer Südamerikareise zurück in die USA und wird von schlechten Nachrichten regelrecht erschlagen. Sein geliebter Onkel hat sich scheinbar das Leben genommen und dessen Sekretärin verunglückte tödlich. Jack hat Zweifel an den Berichten und dass das Testament seines Onkels andere Vorkehrungen vorgesehen hat, die aber von dem Nachlassverwalter ignoriert werden, macht ihn ebenfalls stutzig. Er beginnt zu forschen und trifft auf mehr und mehr Ungereimtheiten bis er schließlich erkennt, dass er es mit zwei perfiden Morden zu tun hat. Er will den Mörder selbst stellen, um Rache zu üben und baut langsam eine Falle für den Mörder auf.


Ein Krimi nach klassischem Muster. Ein zweifelhafter Mord, verdächtige Spuren, der relativ einsame private Ermittler, der sich rächen möchte. Der Plot ist zwar weitgehend glaubwürdig, im Detail vielleicht zu stimmig, wie die Figuren miteinander agieren, aber es fehlen die großen Überraschungen. Der Krimi braucht auch lange, bis er Fahrt aufnimmt und zur eigentlichen Geschichte kommt, die dann aber stringent und zielstrebig verfolgt wird. Insgesamt gute, solide Unterhaltung.

Mittwoch, 22. April 2015

Sarah Elise Bischof - Panthertage

Das Leben gerät aus den Fugen und nichts ist mehr wie es war. Die Diagnose Epilepsie trifft Sarah kurz nach dem Abitur als sie eigentlich frohen Mutes voll ins Leben starten wollte. Ist man nicht unmittelbar mit dieser Krankheit konfrontiert, kann man sich nur ein vages Bild davon machen, was sie bedeutet. Sarah Elise Bischof gewährt uns mit ihrem Buch „Panthertage“ einen Blick hinein in ihr ganz persönliches Reich und öffnet eine Tür zu dem, was aus Scham oder diffusen Ängsten oft ungesagt und verborgen bleibt. Wie verändern sich Beziehungen und Freundschaften, kann man mit dieser Diagnose überhaupt einen Partner finden oder schreckt sie zu sehr ab? Wie stark wirkt ein Anfall nach und wie geht es einem danach, an einem wie die Autorin sie nennt, „Panthertag“? Welches Netz von Unterstützung ist überlebensnotwendig und welche absurden Begegnungen schafft diese Krankheit, wenn man beispielsweise trotz abgeschlossenen Studiums gefragt wird, ob man des Lesens und Schreibens mächtig ist. Sehr persönliche Dinge, unliebsame und beschämende Begegnungen bringt sie zu Papier ohne dabei um Mitleid zu werben. Im Gegenteil, sie nennt Sorgen und Probleme beim Namen, so dass sie dem Leser schlichtweg bewusst werden und ein reales Bild der Epilepsie und ihrer Auswirkungen entsteht.

Man muss der Autorin als Leser danken. Es erfordert viel Courage, so viele sehr persönliche Aspekte von sich preiszugeben, die eher ein Tabu in unserer Gesellschaft sind und über die man nur mit den allerengsten Freunden sprechen würde. Ihr gelingt der Spagat zwischen unterhaltsamer, bisweilen auch humorvollen Erzählung und gleichzeitig der nackten Wahrheit über die Epilepsie, die oft einfach grausam ist. Mehrfach habe ich den Kopf geschüttelt ob der Erlebnisse, bisweilen auch die Luft angehalten, geht es einem doch sehr nahe. Der offene, vertrauensvolle Ton gibt einem das Gefühl als wenn eine gute Freundin erzählen, einem in ihre intimsten Geheimnisse einweihen würde. Möchte man sie zum Trösten manchmal in den Arm nehmen, will man ihr an anderer Stelle bewundernd applaudieren, weil sie sich gegen Widerstände durchsetzt und sich nicht über die Krankheit und die Ignoranz der Umwelt definieren lässt.

Man kann dem Buch wie allen Betroffenen dieser oder auch ähnlicher Erkrankungen nur wünschen, dass es viele Leser findet, die sich emotional darauf einlassen und ihre geglaubte Toleranz nochmals überprüfen. Echte Teilhabe am „normalen“ Leben ist mehr als das Nichtaufbauen von besonderen Hürden.


Fazit: 5 Sterne sind keine Bewertung, die diesem Buch gerecht werden könnte. Ein herzlicher Dank an die Autorin für den Mut, ihr Leben mit uns zu teilen.

Sonntag, 19. April 2015

Milan Kundera - Das Fest der Bedeutungslosigkeit

Ein philosophisches Buch ohne Handlung. Vier Männer, Freunde, in Paris. Ramon versucht seit Tagen, eine Ausstellung von Chagall zu besuchen, aber immer ist ihm die Schlage vor dem Eingang zu lang, sie scheint sogar von Tag zu Tag noch länger zu werden. Trotzdem kommt er immer wieder. Caliban wartet auf seine nächste Rolle als Schauspieler. Bei kleinen Gelegenheitsjobs, um sich über Wasser zu halten, erfindet er sich neu und übt sich in unterschiedlichen Figuren. Bei einer Feier, wo er im Service arbeitet, begegnet ihm eine interessante Portugiesin. Leider sieht sein Rolle an diesem Abend vor, dass er als Pakistaner nur seine Muttersprache – faktisch ein erfundenes Kauderwelsch – versteht. Charles unterdessen scheint besessen von Stalin und dessen Witzen und seine Welt dreht sich nur um die Hinterlassenschaft des großen Führers – die Welt von Alain hingegen dreht sich um die Bedeutung des Bauchnabels als vierte erogene Zone einer Frau.

Mir hat sich der Roman nicht erschlossen. Nicht so sehr, dass ich die fehlende Handlung vermisst hätte, nein, die Figuren bleiben mir in ihren wundersamen Eigenarten schlichtweg fremd und packen mich in keiner Weise. Ihre Themen bleiben mir ebenfalls fremd und die Faszination, die diese auf sie ausüben, kann ich kaum nachvollziehen; am ehesten vielleicht noch das Bauchnabelproblem, wobei sich das heute eigentlich schon wieder überholt hat. Sehnsüchtig hatte ich etwas Neues von Kundera erwartet, doch er enttäuscht mich. Konnte ich mich in seinen früheren Büchern verlieren, bleibt er mir hier zu distanziert. Den vielgepriesenen Humor konnte ich nicht finden, vielleicht sollte man doch den Titel ernst nehmen und dieses Werk als „bedeutungslos“ betrachten.


Fazit: ganz große Enttäuschung.

Samstag, 18. April 2015

David Levithan/Rachel Cohn - Nick & Norah's Infinite Playlist

Seine Ex ist ebenfalls auf dem Konzert – Nick braucht schnell einen Plan, damit Tris nicht merkt, wie sehr er immer noch leidet. Er spricht das Mädchen neben sich an, ob sie vielleicht so nett ist, kurz seine neue Freundin zu mimen? Norah spielt mit und so nimmt der Abend seinen Lauf. Auch sie Liebeskummergeplagt, wollen sie sich einfach amüsieren und finden sich dabei, verlieren sich wieder und vor allem stellen sie fest, dass die Musik sie verbindet. So begleitet diese sie durch den Abend und die Nacht und am nächsten Morgen ist nichts mehr, wie es war.

Was sich spannend und unterhaltsam anhört, verliert sich in endlich dämlichem Gejammer zweier sorgenloser Teenager mit ihren First World Problems. Vorhersehbar, dazu schön amerikanisch angepasst, um nicht anzuecken und immer schön jugendfrei zu bleiben. Die Dialoge banal bis dämlich, die Handlung völlig unglaubwürdiger Unfug und dahinter absolut nichts. Möglicherweise gibt einem das Buch mehr, wenn man die Bands – sofern diese tatsächlich existieren – kennt, über die die ganze Zeit gesprochen wird.


Fazit: Eine banale Geschichte, die nicht nur unglaubwürdig ist, sondern durch das Saubermannimage der beiden wohlerzogenen Protagonisten auch noch weiter beschädigt wird.

Helmut Barz - Damenopfer

Die Zeit der Ruhe ist vorbei, Katharina Klein muss wieder an die Arbeit. Und das als Chefin der neuen Sonderermittlungseinheit in Frankfurt, an die das Institut für okkulte Pathologie und kryptoforensische Medizin unter der Leitung von Andreas Amendt angegliedert ist. Schon bei der Eröffnungsfeier erhalten sie ihren ersten Fall: vor der versammelten hessischen Prominenz schießt sich der Justizminister Jan-Ole Vogel in den Kopf. Die Todesursache ist offenkundig, aber das Warum stellt alle vor große Fragen. Der Saubermann der hessischen Politik, skandalfrei und vor allem bei Frauen beliebt, hatte doch nicht etwas zu verbergen? Innenminister Hanfried de la Buquet fürchtet schlimmstes und ernennt Katharina und Andreas kurzerhand zu SEDI Rittern – Sonderermittler im Dienste des Innenministeriums. Dass Politik ein schmutziges Geschäft ist, wussten beide, aber dass sie derart schnell in die Schusslinie geraten und welchen Sumpf sie tatsächlich auspacken, ist den beiden am Tag der Tragödie noch nicht bekannt.

Ich war bei der Ankündigung des Buchs etwas skeptisch, war doch die Geschichte um Katharina Klein bzw. den Mord an ihrer Familie nach Band drei der Reihe erzählt. Entsprechend geht der vierte Fall nun auch in eine neue Richtung, wenn auch hin und wieder Bezug auf die Vorgänger genommen wird. Der Fall – natürlich frei erfunden und alle Ähnlichkeiten zu lebenden Personen rein zufällig – ist zunächst ein klassischer Krimi mit vielen Fragen zu Beginn, jeder Menge Beteiligter, die die Ermittlungen behindern wollen, und einem großen Loch, dass sich vor Katharina Klein und Andreas Amendt auftut. Dies wird jedoch alles sauber und überzeugend gelöst. Vor allem das Leitmotiv des Schachspiels hat mir gut gefallen, da es überzeugend und wohl dosiert eingebaut wurde und sich so durch den kompletten Roman zieht und die Handlung trägt.

Wie auch schon bei den Vorgängern ist es jedoch weniger das, was erzählt wird, sondern wie Helmut Barz die Geschichte verpackt, was mich überzeugt. Alle Figuren sind liebevoll gezeichnet, nicht nur die Protagonisten werden mit allerlei kuriosen Eigenschaften ausgestattet, nein, auch die Nebenfiguren werden durch ihre ganz eigenen und stringent verfolgten Charakterzüge und Eigenheiten lebendig. Die Dialoge bestechen durch Wortwitz und Ironie, so dass auch ein mehr als nur gelegentliches Schmunzeln beim Lesen nicht ausbleibt.


Fazit: für mich die perfekte Mischung: witzige Dialoge, überzeugender Krimi und Figuren, die man nur liebhaben kann. 

Dienstag, 14. April 2015

Kate Hamer - Das Mädchen, das rückwärts ging

Es war Beths größte Sorge: eines Tages ihre Tochter Carmel zu verlieren. Und nun geschieht genau das. Beth ist verzweifelt, die Polizei arbeitet mit Hochdruck, kann die 8-jährige aber nirgendwo finden, der getrennt lebende Vater kann auch nur schwer mit der Situation umgehen. Unterdessen redet ein älterer Mann Carmel ein, ihr Großvater zu sein und dass ihre Mutter nach einem Unfall schwer verletzt und nicht ansprechbar sei. Mit seiner Lebensgefährtin Dorothy kümmert er sich in einem abgeschiedenen Haus um sie. Zwar hegt die Kleine Zweifel, aber was soll sie schon tun? Auch als man sie von England in die USA bringt und sie dort mit zwei weiteren Mädchen und dem Paar in einem Trailer umherreisen soll, ist sie zwar skeptisch, kann den Geschehnissen aber nicht wirklich etwas entgegensetzen. Noch hat sie den Plan ihres vermeintlichen Großvaters nicht durchschaut, aber als sie erfährt, dass es vor ihr schon einmal ein Mädchen gab, das plötzlich verschwunden war, mehren sich ihre Sorgen.

Ein beachtenswertes Buch, das für mich vor allem bei der Darstellung des Seelenlebens der Figuren gewinnt. Erzählt wird lose abwechselnd aus der Perspektive von Carmel und Beth, die jeweils nichts vom Schicksal der anderen wissen und so den Leser in die unsägliche Situation bringen, hilflos mit anzusehen, wie beide unter der Situation leiden. Vor allem die Darstellung aus Sicht des Mädchens hat mir gut gefallen, sprachlich wie auch sinnlogisch hat die Autorin die Gedanken eines jungen Mädchens überzeugend zu Papier gebracht. Auch die Entwicklung, die Carmel im Laufe der folgenden Jahre nimmt, ist nachvollziehbar geschildert und wirkt authentisch und glaubhaft. Das Arrangieren im neuen Leben unter den veränderten Umständen und doch der latent immer vorhandene Wunsch nach Rückkehr zu dem, wie es vorher war. Ebenfalls gelungen, das langsame Entfalten des Motivs der Entführer; man rätselt als Leser, was dahinterstecken mag, formt Theorien, die erst spät durch die Erzählung Gestalt annehmen, wenn Carmel so weit ist, das Ausmaß ebenfalls verstehen zu können.  

Fazit: Besonders die erste Hälfte ist für mich sehr stark und gelungen, dann kommt es zu einigen Längen, die jedoch dem Lesespaß nur geringfügigen Abbruch tun. 


Sonntag, 12. April 2015

David Almond - My Name is Mina

Ein außergewöhnliches Mädchen schreibt sein außergewöhnliches Tagebuch. Mina heiß sie und ihre Umwelt merkt schnell, dass sie irgendwie anders ist. Mit wachsamen Augen beobachtet sie ihre Umwelt, doch dann nehmen die Dinge in ihrer Phantasie Reißaus und laufen ihr förmlich davon. genauso die Figuren in ihren Schulaufsätzen. Sie machen einfach nicht, was sie sollen. Und so dauert es nicht lange, bis ihre Mutter einbestellt wird, um über das Problemkind zu reden. Doch entgegen der Erwartung der Schulleitung nimmt Minas Mutter ihr Kind einfach mit nach Hause und beschult sie dort. Bzw. Mina beschult sich selbst, denn täglich entdeckt sie neue Dinge, Vögel werden beobachtet, genauso wie die Menschen. Und alles hält sie fest in ihrem Tagebuch, das voll ist von Berichten über das, was sie gelernt hat und wo die Worte endlich tun können, was sie einfach tun wollen: sie neuformieren, auch mal Unsinn anstellen und schlichtweg schön sein.


Ein in jeder Hinsicht ungewöhnlicher Roman, der auf der Shortlist für den britischen Kinder- und Jugendbuchpreis Carnegie Medal 2012 stand. Zwar kommt vieles lustig und zum Schmunzeln daher, aber es wird doch offenkundig, wie schwer es für Kinder mit einer offenkundig hohen Intelligenz und einer ausufernden Phantasie ist, sich in den geordneten Bahnen von Schule und Gesellschaft anzupassen – bzw. es stellt sich die Frage, warum sie das sollten. ist nicht dieses Mädchen perfekt, wie sie ist? Lernt sie nicht unendlich mehr durch ihren wachen Gang durchs Leben als das mit vorgefertigten Arbeitsblättern im Einheitsmarsch in der Schule passieren kann? Nicht für alle sind pauschale Einheitslösungen ideal und David Almond führt auf unterhaltsame Weise vor, was uns verloren geht, wenn wir Impulse dieser hochkreativen Menschen zwanghaft versuchen zu unterbinden. 

Herman Koch - Sehr geehrter Herr M.

Herr M. baut seine literarische Karriere auf einem wahren Fall auf: zwei Schüler, Herman und Laura, werden verdächtigt ihren Geschichtslehrer Jan Landzaat ermordet zu haben. Nur die Leiche hat man nie gefunden, so dass es auch nicht zur Anklage kommt. Für die Wahrheit hat sich Herr M. nur peripher interessiert, sondern seiner Phantasie freien Lauf gelassen. Fast 40 Jahre nach der Tat rückt ihm jedoch ein neuer Nachbar auf den Pelz, der noch eine Sache klarstellen möchte: seine Version der Ereignisse, denn nur er kann wissen, was in der Winternacht wirklich passierte, oder war etwa doch alles ganz anders?

Ein Roman, der unterschiedliche Zeiten und Erzählersichten kombiniert, hin und her springt zwischen dem aktuellen Leben des Autors und seiner Begegnung mit seinem Verfolger und dessen Erinnerung an die Schulzeit, zu der sich das Verschwinden Landzaats zugetragen hat. Der jedoch kommt auch zu Wort und kann eine weitere Perspektive hinzufügen, so dass am Ende eine verzwickte Figurenkonstellation entsteht, in der alle Schuld und Geheimnisse tragen. Langsam nähert sich Hermann Koch dem Finale und baut durchaus gelungen eine unterschwellige Spannung auf, denn hier handelt es sich weniger um einen Krimi – auch wenn ein Mord geschieht – sondern eine interessante Figurenstudie gleich mehrerer außergewöhnlicher Charaktere.  Der Erzählton angenehm leicht mit gewissen Spitzen, durch die Rückblenden wird die Aufklärung verzögert, aber notwendigerweise die Vorgeschichte gelungen eingewoben.


Fazit: unterhaltsame Geschichte, die weniger von der Spannung als von den Figuren lebt.

Paula Hawkins - The girl on the Train

Jeden Tag im Zug beobachtet Rachel eine recht biedere Wohngegend und überlegt, wer wohl die Menschen sind, sie dort leben. Sie selbst wohnte dort ebenfalls einmal, in einem anderen Leben, vor der Scheidung und bevor sie angefangen hat zu trinken. Sie fährt eigentlich auch gar nicht zur Arbeit, denn ihren Job hat sie schon vor langer Zeit verloren, doch das mag sie gegenüber ihrer Mitbewohnerin nicht zugeben und hält daher den Schein aufrecht. Doch eines Morgens bekommt eine der Fassaden einen Riss, als sie eine der Bewohnerinnen einen anderen Mann küssen sieht. Es kommt jedoch noch schlimmer: genau diese Frau, Megan, wird kurz danach vermisst und dann ermordet aufgefunden. Was ist geschehen? Für Rachel tut sich ein Abgrund auf, denn sie war am Tatabend vor Ort, um ihren Exmann, der immer noch dort wohnt, zu sehen. Doch sie war so betrunken, dass sie sich an nichts erinnern kann. Kurze Erinnerungen schleichen sich ein, doch sie bekommt sie nicht in ein vertrauenswürdiges Bild. Auch die Polizei will ihr keinen Glauben schenken, obwohl sie diesen anderen Mann auch ganz sicher gesehen hatte. Daher wendet sie sich an den trauernden Ehemann und setzt damit weitere Ereignisse in Gang.

Der Roman ist geschickt konstruiert, da er auf verschiedenen Zeitebenen spielt und unterschiedliche Perspektiven anbietet. Es sind die Frauen, Rachel als Beobachterin, Megan, das Opfer, und Anna, die neue Frau von Rachels Ex, die die Ereignisse aus ihrer jeweiligen Position schildern. Rachel als Alkoholiker, Megan mit offenkundigen psychischen Problemen und Anna als unsympathische und rücksichtslose „Neue“ bieten dabei alle drei keine vertrauenswürdige Berichterstattung an, so dass man hin und her gerissen ist zwischen Glauben und Zweifel, was der Spannung ausgesprochen zuträglich ist. Insbesondere die Figur der Rachel ist glaubwürdig und facettenreich gezeichnet, wie sie als Alkoholikerin kämpft für ihr Leben, gegen die Abhängigkeit, versucht, eine Normalität und Schein aufrechtzuerhalten und doch immer wieder scheitert. Der Mordfall wird ebenfalls in sich logisch erklärt und nachvollziehbar aufgelöst.


Fazit: Für mich ist es kein Thriller wie im Klappentext angeführt, denn dafür fehlt mir die psychologische Spannung. Aber ein sehr überzeugender und unterhaltsamer Krimi ist es allemal.

Samstag, 11. April 2015

Donna Tartt - The Goldfinch

Carel Fabritius Gemälde „The Goldfinch/Distelfink“ ist das letzte, worüber der junge Theodor Decker mit seiner Mutter im Museum spricht, bevor eine Bombe hochgeht und zahlreiche Besucher – darunter Theos Mutter – tötet. Theo selbst hatte Glück nur leicht verletzt zu sein. In einer gespenstischen Szenerie irrt er durch das Gebäude und sieht dort einen alten Mann wieder, der mit seiner Enkelin ebenfalls das Museum besucht hatte und den Theo zuvor beobachtete. Dieser gibt ihm einen besonderen Ring, was ihre Verbindung auf sehr lange Zeit besiegelt. Aber Theo nimmt noch etwas mit bevor er sich einen Weg nach draußen bahnt: das Gemälde, das seine Mutter so faszinierte. Es folgt für ihn eine Odyssee: keine nahen Verwandten in New York kommt er zunächst bei einem Schulfreund unter, dessen Familie zur Upper Class gehört und ein ganz anderes Leben führt als er es kennt. Trotz der Freundlichkeit aller bleibt Theo isoliert und findet so den Weg zum Haus des verunglückten alten Mannes, wo er feststellt, dass das Mädchen, Pippa, ebenfalls – traumatisiert wie er – überlebt und nun vorläufig bei Hobie, dem Geschäftspartner ihres Großvaters, lebt. Plötzlich taucht auch sein Vater wieder auf und reißt ihn erneut aus dem Leben, um ihn nach Las Vegas mitzunehmen. Es folgen Jahre des Drogenkonsums und des sinnlosen Zeitvertreibs mit seinem neuen Freund Boris, der in der Kunstwelt in der Wüste ebenfalls nicht angekommen ist. Nach dem Tod seines Vaters, die Umstände mehr zweifelhaft als glaubwürdig und vermutlich seinen Spielschulden zu verdanken, kommt Theo zurück nach New York und findet bei Hobie und Pippa Unterkunft. Er hatte sich bereits im Museum in Pippa verliebt, doch diese Liebe scheint vom Schicksal nicht begünstigt zu sein, dafür findet Theo Freude an der Restaurierung und am Handel mit antiken Möbeln. Sein Leben kann fast wieder normale Bahnen annehmen, doch er schleppt ja immer noch ein Geheimnis mit sich rum: das berühmte Gemälde von Fabritius.

Der Roman ist allein schon aufgrund seiner Länge kaum in Worte zu fassen. Zu viele Handlungsstränge, einzelne Episoden und Lebensabschnitte reihen sich aneinander, um an Ende die Geschichte dieses Bildes erzählt zu haben. Diese tritt zwar immer wieder in den Hintergrund, ist aber für mich das Highlight des Buches. Die Beschreibungen und Erklärungen rund um die Gemälde und auch die Möbel sind faszinierend und lassen Donna Tartts Sprachgewalt besonders wirken. Der Vogel, der wie Theo nicht im Käfig sitzt, aber angekettet und damit nicht frei ist, ist eine wunderschöne Parallele, die sich durch den Roman zieht.

Trotz fast 800 Seiten bleibt das Figurenpersonal relativ begrenzt, was Tartt viel Raum gibt, diese differenziert und facettenreich zu zeichnen. Theo als Erzähler macht enorme Wandlungen durch, kommt jedoch letztlich immer wieder zu dem Jungen zurück, der er zum Zeitpunkt des Attentats war. Für mich ebenfalls sehr überzeugend ist Boris, der russische Freund, der zwar allerlei Illegales treibt, das Herz jedoch am rechten Fleck trägt. Auch die New Yorker Figuren haben alle ihre Ecken und Kanten, werden aber glaubwürdig und lebendig dargestellt.


Die Handlung ist in der Gesamtschau vielleicht nicht ganz glaubwürdig, zu viele Zufälle und Tote für diese Art Roman, aber darüber lässt sich dank der wirklich treffsicheren und stilistisch perfekt zu dieser Kunstwelt passenden Sprache der Autorin hinwegsehen. 

Mittwoch, 8. April 2015

Nathanael West - Miss Lonelyhearts

Miss Lonelyhearts – ein Mann – schreibt eine Zeitungskolumne, in der er auf Leserbriefe antwortet und mehr oder weniger nützliche Tipps gibt. Leider sind diese Briefe unsäglich dämlich und voller Fehler, so dass er seinen Job mehr und mehr hasst. Von den Kollegen wird er ohnehin eher verspottet. Er trinkt zunehmend und gerät dabei auch in die eine oder andere Kneipenauseinandersetzung. Er macht sich an Frauen ran – auch die seines Chefs – und wird so auch nicht glücklicher. Auch die Religion bietet ihm keinen Halt. Eine seiner Leserinnen kann ihn ausfindig machen und eine kurze Affäre wird schließlich Miss Lonelyhearts Schicksal.


Auch wenn diese Novelle überschüttet wird mit Lob ob ihres scharfsinnigen Sprachwitzes und der ironischen Zeichnung der amerikanischen Gesellschaft der 1920er Jahre, blieb sie für mich doch flach und unnahbar. Natürlich wird die Massenunterhaltung kritisiert und der Protagonist sucht vergeblich nach dem Sinn des Lebens, den er in den üblichen verdächtigen Wegen (schnelle/kurze Beziehungen, Alkohol, Religion etc.) nicht findet. Für mich jedoch gibt es mit Werken von Wharton oder Fitzgerald deutlich bessere Gemälde der damaligen Zeit. Der nicht erfüllte amerikanische Traum – doch hat Miss Lonelyhearts wirklich die erforderliche diligence und hard work gezeigt? Für mich nicht. Planlos und ziellos vegetiert er so vor sich hin, mal betrunken, mal in Depression versunken. Aktiv gestaltet er nichts in seinem Leben, sondern lässt es immer wieder von Betty, seiner Arbeitskollegin, geraderücken. Ein Protagonist, der das Buch tragen muss und leider in jeder Hinsicht schwach ist.

Jennifer Mathieu - The Truth about Alice

Jeder weiß, dass Alice auf Elaines Party nicht nur mit deren Freund Brandon, sondern noch mit einem weiteren Jungen geschlafen hat. Und dass sie Schuld ist an Brandons Tod. Brandon – der Star der Schule, bester Quaterback, den Healy je hatte. Dafür hat sie verdient, dass die ganze Schule, die ganze Stadt sie verachtet und ausgrenzt. Doch ist es wirklich alles so einfach? Im Wechsel erzählen Elaine, Queen Bee der Schule und besessen vor Neid, Kelsie, Alices ehemals beste Freundin und fiese Verräterin, Josh, Brandons bester Freund mit Mitopfer beim tödlichen Unfall, und Kurt, Außenseiter und einziger, der zu Alice hält, ihre Versionen der Ereignisse. Langsam zeigt sich ein neues Bild dessen, was sich in dem tragischen Sommer getan hat und das ganze Ausmaß von jugendlichem Hass, Neid und rücksichtsloser Zerstörung anderer wird offensichtlich.

Ein unterhaltsamer, wenn auch relativ typischer amerikanischer YA Roman. Man ahnt, dass die Dinge nicht so einfach sind, wie sie zunächst scheinen und dass an der einen oder anderen Stelle bewusst gelogen, nicht vollständig erzählt oder leicht verändert berichtet wurde. Erschreckend dabei: man kann sich vorstellen, dass dies genau so passieren kann und das Leben eines unschuldigen Mädchens zerstört wird. Dass sich zwischen Alice, der neuen Außenseiterin, und Kurt, dem ignorierten Nerd, langsam eine Zuneigung entwickelt, war leider ebenso absehbar wie das etwas kitschige Ende. Aber das gehört wohl zum Genre und hat den Lesespaß nur geringfügig gestört.


Fazit: netter Roman für zwischendurch, der zwar ein wichtiges Thema behandelt, aber doch auf der Unterhaltungsschiene bleibt.

Montag, 6. April 2015

Teri Terry - Slated (Gelöscht)

Kayla startet in ein neues Leben. Eine neue Familie, eine neue Umgebung. Alles ist anders und unbekannt. Wie ein kleines Kind muss sie erst lernen, sich in dieser Welt zurechtzufinden. Ihr Leben davor ist weg, ausgelöscht. Man hat sie geslated und ihr so die Chance auf ein neues Leben eröffnet. Mit ihrer Schwester Amy hat sie kompetente Unterstützung, denn sie hat dasselbe durchgemacht. Die Eltern sind nett, wenn auch die Mutter zunächst eher an einen Drachen erinnert. Es könnte alles gut werden, vor allem nachdem sich Kayla mit Ben anfreundet. Doch immer wieder treten Erinnerungen, die sie nicht haben dürfte, an ihr altes Ich an die Oberfläche und das clevere Mädchen stellt Fragen. Zu viel Fragen, die sie selbst und andere in Gefahr bringen. Unerwartet bekommt sie Hilfe von ihrer Mutter – denn diese hat auch Zweifel an diesem Staat, in dem sich niemand frei bewegen kann und Menschen wie Kayla regelrecht gefangen gehalten werden.

Ein Jugendroman in Dystopieform mit einem Überwachungsstaat, der ein scheinbar effektives Mittel gegen Terroristen gefunden hat und das Maximum an medizinischer Kenntnis für seine Zwecke nutzt. Das ganze gepaart mit einer durchaus sympathischen Protagonistin, leicht rebellisch, aber nicht zu sehr, und einer Liebesgeschichte, die nicht zu weit geht. Das Thema durchaus ernst zu nehmen und relevant.

Die Zeichnung der Figuren ist gelungen, die sind nicht zu flach, die Kayla kann als Protagonistin den Roman locker tragen, mit der Mutter wurde ein interessanter Charakter daneben gestellt, der noch Potential hat und nicht zu viel verrät. Der Schreibstil überzeugend und mitreißend, so dass man durchaus Lust auf die folgenden Teile hat.

Alles in allem: überzeugender und spannender YA Roman.


Philip Roth - American Pastoral

Der amerikanische Traum, der in der Katastrophe endet. Die jüdischen Einwanderer, die die Sprache nicht beherrschen, aber ein Unternehmen für Handschuhe gründen. Die erste Generation, die den Erfolg fortführt. Die zweite Generation, schon voll amerikanisiert: die beiden Söhne, Seymore Levov, genannt Swede, erfolgreicher Sportstar der Schule und gewillt dem Land im 2. Weltkrieg seine Dienste zu erteilen, der andere, der erfolgreicher Arzt wird. Swede, der eine gekrönte Schönheitskönigin heiratet, das Geschäft der Eltern ausbaut und dann ein bezauberndes Töchterchen bekommt. Doch die hübsche Fassade bekommt Risse, denn Merry ist nicht das Wunderkind zweier bewunderter Eltern. Sie stottert und geht über Jahre zu Therapie. Doch es wird noch schlimmer. Als Teenager nimmt sie immer weiter zu und verrennt sich in politische Extreme bis zu diesem unheilvollen Tag, der die ganze Familie ins Elend stürzt: im Protest gegen den Vietnam-Krieg zündet sie eine Bombe, bei der ein Mensch ums Leben kommt und flieht fortan in den Untergrund.

Was wie eine spannende Familiengeschichte klingt, wird leider – und völlig ungewohnt für Roth – in eine langatmige, sich immer und immer wieder im Kreis drehende Tour de Farce. Zeitsprünge und die nie beantwortete Fragen danach, wer Schuld hat an Merrys Tat, ob das oder das, was danach kam, hätte verhindern können. Natürlich wird so die Verzweiflung des Vaters offenkundig, aber es ist für den Leser bisweilen unerträglich. Endlose Abschweifungen in alles Mögliche, dazu ein endlos langes Vorgeplänkel, bevor er überhaupt zur eigentlichen Story kommt – eine sehr anstrengende Lektüre.


Fazit: die Geschichte toll, auch der Erzählstil, aber die Umsetzung kann nicht überzeugen.

Sonntag, 5. April 2015

Jemma Wayne - After Before

Drei Frauen, drei Schicksale und nur ein Leben damit umzugehen. Vera möchte so gerne gut sein und die christlichen Werte und Vorschriften befolgen. Nicht nur um Luke, ihrem Verlobten und streng gläubigen Christ, zu gefallen, sondern auch um ihre Vergangenheit und ihre Sünde zu vergessen. Ihr Schwiegermutter Lynn ist streng mit ihr, sie mag die junge Frau nicht. Doch dabei erkennt sie in ihr nur ihr eigenes Versagen und ihre Fehler im Leben. Der Krebs frisst sie langsam auf und viel Zeit bleibt ihr nicht mehr, ihr Versagen zu korrigieren. Ihre Pflegerin Emily hat sich von der Welt losgesagt. Nach dem Genozid in Ruanda, dem sie nur knapp entkommen ist, hat sie den Glauben an die Menschen verloren. Doch ihre Vergangenheit holt sie in bösen Träumen und Erscheinungen immer wieder ein.

Ein packendes Buch, das nur langsam die Geschichte jeder einzelnen Frau, jedes Schicksal, das so verschieden und jedes auf seine Weise ergreifend ist, entfaltet. Geschickt werden die drei Lebensgeschichten miteinander verwoben und keine gegen die andere aufgewogen – das wäre auch nicht möglich. Besonders beeindruckend für mich die Schilderungen des Bürgerkriegs in Ruanda, die Tötungen und Vergewaltigungen, die an Schrecken kaum zu überbieten sein dürften. Auch der Umgang mit ihren zu tragenden Päckchen ist beachtenswert. Die Flucht in die Religion, der Ausdruck in der Kunst und das Verschließen vor der Welt – wobei keiner der gewählten Wege wirklich hilft, das Grauen allein zu überwinden.


Fazit: ein außergewöhnlicher Roman, der von Seite zu Seite stärker wird.

Mareike Daum - High Heels an die Macht

Ein weiteres Buch der Reihe: Warum machen Frauen in Deutschland keine Karriere. Dieses Mal von einer jungen Frau, die selbst betroffen ist – und auch keine Lösung hat. Da beginnt mein Problem mit diesem Buch. Mareike Daum beklagt nicht nur die Schwierigkeiten für Frauen die gläserne Decke zu durchstoßen und Karriere und Kinder unter einen Hut zu bringen (bekannte Zahlen und Fakten werden hier einmal mehr angeführt), ihr Hauptargument liegt wo ganz anders und wir etwas patzig wie bei einer Dreijährigen mantramäßig wiederholt: ich will rosa Rüschen und High Heels tragen und trotzdem ernstgenommen werden. Es geht ihr weniger um die gesellschaftlichen Probleme als um ihre ganz persönliche Situation als Barbiekopie nicht als seriös anerkannt zu werden. Und das widerholt sie immer und immer und immer wieder.

In der Grundaussage stimme ich ihr ja durchaus zu: Frauen sollten nicht ihre Weiblichkeit aufgeben müssen, um beruflich voran zu kommen. Es wäre durchaus wünschenswert, wenn die den Frauen eigene Attraktivität in der Berufswelt nicht hinter schwarzen Hosenanzügen und biederer Frisur verschwinden müsste. Aber das ist mir in der Gesamtthematik zu wenig. Weder neue Erkenntnisse zur Thematik noch passende Lösungsansätze für die Frauenbenachteiligung im Job finden sich in dem Buch, noch wird ein neuer Blick – mit Ausnahme der Forderung nach mehr rosa – geliefert.

Die Erfahrungen der jungen Autorin mögen durchaus exemplarischen Wert haben, einiges scheint mir jedoch auch sehr personenbezogen problematisch. Wer damit kokettiert, dass er bzw. sie sich keine ernsthaften Gedanken zum Studienfach gemacht hat, sondern dieses einfach da war und sie Politikwissenschaft „sexy“ fand – wen wundert es da, dass es manchem schwer fällt, sie als ernsthaften Gesprächspartner anzusehen. Ihre Vorbilder bezieht sie ausschließlich aus Film  und Fernsehen – vielleicht könnte man ihr nahe bringen, dass dort nicht unbedingt die Realität zu finden ist. Einen Job bei der CSU anzunehmen und sich zu wundern, dass dort Frauenförderung nicht das große Thema ist, nun ja, sie hätte sich statt nur mit politischer Theorie auch mit dem politischen Alltag beschäftigen können, dann wär ihr klar gewesen, dass die „Frauen an den Herd Partei“ womöglich nicht die beste Wahl für sie ist. Am nervigsten ist jedoch ihre Pseudoauseinandersetzung mit dem Feminismus, den sie auf die Kleidung von Alice Schwarzer reduziert, über Inhalte spricht sie lieber nicht – aber das ist ja auch nicht ihr Thema.


Samstag, 4. April 2015

David Duchovny - Holy Cow

Die meisten Menschen denken ja, dass Kühe irgendwie dumm sind und ihre Welt mit rumstehen, Gras fressen und gemolken werden schon ausgefüllt ist. Das stimmt aber gar nicht und Elsie Bovary erklärt einem das. Sie ist alles andere als blöd und noch dazu heilig – in Indien zumindest. Aber es war dort auch nicht so toll, wie sie erwartet hatte. Alles fing aber damit an, dass sie nach einem spontanen Ausflug aus der Weide einen Blick auf den Fernseher der Bauernfamilie werfen konnte und ihr dort klar wurde, dass ihr Schicksal auf dem Teller enden würde. Glücklicherweise kam dann der Einfall mit Indien. Da sie ebenfalls Bedenken hatten, was die menschliche Nahrungsaufnahme in Amerika angeht, schließen sich ihr auch noch ein Schwein, das nach Israel möchte, sowie ein Truthahn, der die Türkei allein schon aufgrund des Namens (Turkey) für den Himmel hält, an. Die Reise kann quasi losgehen.


Eine Erzählung einer Kuh, die noch dazu direkt zum Leser spricht (und auch die Meinung des Verlegers zu ihrer Darstellung regelmäßig einfließen lässt) und sich auf Reisen begibt ist schon herrlich abstrus. Mein Interesse am Buch wurde jeder eher durch den Autor geweckt, der mit „Holy Cow“ sein Debut vorlegt und mir bislang nur aus dem Fernsehen bekannt war. Das Buch ist gar nicht so sehr einfach einzuordnen. Zwar sprechen die Illustrationen und das Thema schon fast für ein Kinderbuch, aber weder die Sprache noch die kritischen Zwischentöne, was den menschlichen Umgang mit der Natur im Allgemeinen und Tieren im besonderen angeht, eher für eine ältere Zielgruppe. Dies hat mich am meisten überrascht, ich hatte Duchovny den feinen Humor, die cleveren Nebentöne nicht zugetraut und so ist das Buch letztlich viel mehr als nur eine lustige Geschichte um eine Kuh auf Reisen.

Freitag, 3. April 2015

Sadie Jones - Jahre wie diese

Lukasz Kanowski leidet unter der Ende der englischen Kleinstadt, wo sein Vater verzweifelt immer mehr trinkt und seine Mutter in einer Anstalt ist. Die zufällige Begegnung mit Paul, einem angehenden Produzenten, und Leigh, die ebenfalls am Theater arbeitet, führt in ins London der 70er Jahre und in die Welt des Theaters, wo er bald einen großen Erfolg als Autor feiern kann. Immer wieder kann er ganz versinken, wenn er sich seinen Geschichten hingibt, das Leben mit Paul und Leigh völlig vergessen. Doch dann kommt Nina, die ihn völlig einnimmt und ihm den Kopf verdreht. Verheiratet ist die erfolgreiche Schauspielerin allerdings und kann sich nicht wirklich von ihrem brutalen Ehemann lösen. So steuern sie gemeinsam auf das tragische Ende ihres gemeinsamen Stückes hin.

Ein Roman rund um das Londoner Theater vergangener Zeiten angesiedelt. Die Welt der Kunst und der Musen, der harte Kampf ums Überleben und den künstlerischen Durchbruch. Dazwischen viele verlorene Seelen, die Sadie Jones auf sehr poetische Weise zum Leben erweckt. Ihre Protagonisten sind komplex, aufreibend, bisweilen für den Leser in ihrem Handeln nur schwer zu ertragen – aber dadurch umso authentischer in ihrer Zerrissenheit und der Suche nach dem Sinn ihres Daseins. Es wird geliebt, gehasst, gespielt – auf der Bühne wie im Leben. Im Zentrum der junge und geradezu naive Luke, der so viel Chaos aus seinem Elternhaus mit sich rumschleppt, dass er zu echten menschlichen Beziehungen kaum fähig scheint. Besonders sein Verhältnis zu Frauen braucht eine lange Entwicklung bis aus bedeutungslosem Sex, nicht erwiderter Verehrung irgendwann Liebe werden kann.

Dem Zitat der Times auf dem rückseitigen Umschlag möchte ich indes heftig widersprechen: „Jeder Sommer braucht einen Roman, den man an einem Tag verschlingt – ‚Jahre wie diese‘ ist dieser Roman“. Nein, es ist kein netter Roman zum Verschlingen. Er ist schwer, manchmal zu schwer, so dass man das Buch beiseitelegen muss, weil der Schmerz, den die Figuren empfinden beim Lesen auf einen übergeht. Es spricht für die Autorin, diese Emotionen transportieren zu können.


Fazit: ein Roman, der voller Spannungen steckt und diese in einer treffsicheren, begeisternden Art in Worte fassen kann. 

Lovelybooks Let's Read in English Challenge - April



Reading List April:

32. David Duchovny - Holy Cow
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33. Jemma Wayne - After Before
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34. Philip Roth - American Pastoral
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35. Teri Terry - Slated
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36. Jennifer Mathieu - The Truth About Alice
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37. Nathanael West - Miss Lonelyhearts
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38. Donna Tartt - The Goldfinch
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39. Paula Hawkins - The Girl on The Train
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40. David Almond - My Name is Mina
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41. Daivd Levithan/Rachel Cohn - Nick & Norah's Infinite Playlist
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42. Louis Begley - Killer, Come Hither
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43. John Dryden - Pandemic
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44. Mark Watson - Hotel Alpha
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45. John Green - An Abundance of Katherines
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Read in January: 1-7 (blog/lovelybooks)
Read in February: 8-16 (blog)
Read in March: 17-31 (blog)


The challenge on lovelybooks.

Wolfgang Herrndorf - Bilder deiner großen Liebe

Das Mädchen steht im Hof der nicht näher charakterisierten Anstalt. Ein LKW, eine Chance. Und weg ist sie. Zu Fuß und ohne Schuhe wandert sie los. Durch Dörfer, über Wiesen, durch Wälder. Isa begegnet Menschen, die ihr helfen, etwas zu essen und frische Kleidung geben, die sie an die Polizei melden wollen, die ihre Wunden pflegen. Sie begleitet einen Binnenschiffer, einen LKW Fahrer, findet eine Leiche. Und sie trifft natürlich auf Maik und Tschick – daher kennen wir die 14-jährige ja schon.

Ich hatte mir ein wenig mehr von Isa erhofft. Dass sie irgendwie anders ist, war ja aus „Tschick“ schon deutlich hervorgegangen, aber hier hat sie doch eher naive als gestörte Gedanken und beobachtet ihre Welt sogar eher mit einer sehr aufmerksamen Cleverness, die ihr das Herumstreunen überhaupt erst möglich macht. Kleine Episoden, Begegnungen, kurze Dialoge reihen sich aneinander, sind unterhaltsam und bisweilen witzig oder traurig, aber es bleibt letztlich zu wenig hängen, um einen dauerhaften Eindruck zu hinterlassen. Es ist ein kurzes Begleiten des Mädchens, das sich in dieser Zeit weder verändert noch sonst für sie wesentliche Erfahrungen macht, die sich auch dem Leser einprägen würden.


Der Titel indes ist sehr passend gewählt. Wie im Museum sieht man kurze Ausschnitt und geht dann vorüber.

Donnerstag, 2. April 2015

Arto Paasilinna - Der liebe Gott macht blau

Dem lieben Gott geht seine Schöpfung und insbesondere der Mensch gehörig auf den Zeiger und schon seit dem 1. Weltkrieg schleppt er sich mit einer latenten Depression herum. Jetzt braucht er eine Auszeit, so ein Sabbat-Jahr wäre genau das richtige für ihn. Aber wer soll dann seine Arbeit übernehmen? Erzengel Gabriel und Petrus sind selbst schon ausgelastet genug, aber warum sollte nicht so unsägliches Menschlein mal auf die Artgenossen Acht geben? Mit Pirjeri Ryynänen, einem finnischen Kranfahrer, haben sie scheinbar genau den richtigen gefunden, der noch dazu bereit ist, diese anspruchsvolle Aufgabe zu übernehmen. Mutig macht er sich ans Werk, Weltfrieden, Umwelt- und Tierschutz stehen auf seiner Agenda, aber er hat den Job ein wenig unterschätzt und Gottes Gehilfen hatten nicht damit gerechnet, dass der agile Finne den Himmel in seine Heimat verlegen möchte und so manch andere Neuerung in petto hat.


Ein herrlich absurdes Buch – einmal wieder – das einfach nur Spaß beim Lesen macht und das Dasein in Himmel und auf Erden mit einem Schmunzeln betrachtet. Die Figur des Pirjeri ist einfach genial angelegt, in seinen Grundfesten unerschütterlich und mit dem Herz am rechten Fleck, wenn auch am Ende doch etwas zu selbstverliebt bei seiner eigenen Schöpfung, füllt er die Rolle des Lenkers unterhaltsam und doch mit ernsten Nebensätzen aus. Der feine Wortwitz, der entweder in der Übersetzung nicht verloren ging oder schlichtweg sehr gelungen neu geschaffen wurde, macht das Buch zu einer wahren Freude.
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