Sonntag, 28. September 2014

Jo Baker - Im Hause Longbourn

Was geschieht eigentlich hinter den Kulissen, wenn die Protagonisten nicht hinschauen und dem Leser der (Ein)Blick verwehrt bleibt? Jo Baker beschriebt das Treiben „Im Haus Longbourn“, dem heim der Bennets aus Jane Austens Roman „Pride and Prejudice“.  Geführt wird das Haus von Mrs Hill, die mit ihrem Mann streng über die Mädchen Sarah und Polly wacht. Die Familie behandelt ihre Angestellten gut, doch das Leben der Dienstboten ist hart. Allein die Wäsche der fünf Töchter fordert alles von Sarah. Doch sie darf auch teilhaben am (Liebes)Leben von Jane und Elizabeth und verliebt sich selbst schon bald in den neuen Dienstboten, dessen Vergangenheit ein Mysterium bleibt und der selbst nicht ahnt, wie sehr er mit dem Haus Longbourn verbunden ist.

Jo Baker hat für den Leser die andere Welt geöffnet, die sich hinter den verschlossenen Türen der besseren Gesellschaft des 19. Jahrhunderts verbirgt. Das, was die großen Autoren der damaligen Zeit nicht berichten, wird hier ungeschönt dargeboten: die harte Arbeit, das enge Zusammenleben, die nicht vorhandenen Perspektiven und Unfreiheiten. In der Figur der jungen Sarah wird das Leben der Bennet Töchter gespiegelt, immer wieder begegnen einem die bekannten Figuren aus „Pride an Prejudice“ und so manche Begebenheit erscheint nun in ganz anderem Licht. Elizabeths ausgedehnten Spaziergänge, die diese so liebt, sind aus der Sicht Sarahs eine zusätzliche Herausforderung: wie lassen sich die durch Schlamm übel zugerichteten Stoffe wieder reinigen? Der zunächst so nette Mr Wickham – was sieht dieser in jungen Dienstmädchen und welche Dienstleistungen erwartet er von Angestellten?


Ein Roman, der nicht kopiert, sondern anlehnt, gelegentlich begegnen lässt und eine ganz eigene Geschichte erzählt. Sprachlich nicht ganz im Stile Jane Austens, aber das ist verzeihlich, mit einigen Längen gegen Ende, aber insgesamt eine tolle Idee, die unterhaltsam umgesetzt wurde.

Donnerstag, 25. September 2014

Nadine d'Arachart/Sarah Wedler - Abgründe

Ein Frauenmörder erschüttert die USA. Brutal gefoltert werden die Leichen wie Puppen arrangiert ausgesetzt und von ahnungslosen Passanten gefunden. Ermittler Ethan Hayes und sein Team stehen unter hohem Druck, je mehr Morde geschehen, desto deutlicher kristallisiert sich eine Spur heraus: Ethan scheint selbst im Zentrum zu stehen. Zu allen Toten gibt es Verbindungen und sein dunkles Geheimnis könnte ein Schlüssel sein.

Ein spannender Roman, der die Balance zwischen den beiden Hauptakteuren findet und sie sich langsam annähern lässt. Psychologische Faktoren, die das Handeln des Mörders und des Detectives bedingen, werden ebenso eingeflochten wie klassische Ermittlungsarbeit und zwischenmenschliche Problemlagen. Die Spannung steigert sich kontinuierlich wie sich die Protagonisten einander nähern, Theorien bzgl. des Täters reihen sich aneinander, der trotz seiner geschilderten Episoden für den Leser bis zuletzt verhüllt bleibt.


Der Titel ebenso wie das vorangestellte Zitat Victor Hugos „Gute wie böse Gedanken haben ihre Abgründe“ sind hervorragend gewählt, denn hier begeben sich die Autoren in die Tiefen der Seele und lassen verschütt geglaubte Risse zutage treten.

Sonntag, 21. September 2014

Richard Surface - Das Vermächtnis

Ein alter Mann wird in München brutal gefoltert und ermordet. Bis zur letzten Sekunde gibt er sein Geheimnis nicht preis, sein Enkel ist auserkoren, das Vermächtnis zu hüten. Doch dieser ahnt im fernen Italien noch nicht, das er schon bald um sein Leben kämpfen muss. Die Polizei vermutet, dass er durch den Tod seines Großvaters Zugang zu entwendeten Meisterwerken hat, an denen auch die Unterwelt nicht uninteressiert ist. Gabriel will an eine illegale Verstrickung seines geliebten Opas nicht glauben, doch dessen Geschäftspartner muss ihm die Augen öffnen und führt in zu seinem schweren Erbe.

Der Auftakt des Buches ist ungemein intensiv, die Folterszene fast grenzwertig. Auch die Idee hinter dem Thriller – das gut gehütete Vermächtnis, das Jahrhunderte, Revolutionen und Kriege übersteht – kann überzeugen. Dass an diesem sowohl staatliche Behörden wie auch dunkle Geheimbünde oder Einzelpersonen interessiert sind und dies zu einem komplexen Gewebe wird, das nur schwer zwischen „Gut“ und „Böse“ unterscheiden lässt, bietet Spielraum für eine spannende Handlung. Leider wurde hier für meinen Geschmack zu viel in den Roman gepackt. Die Welt der Kunst, die IRA, superreiche Amerikaner, die Französische Revolution, die Schlacht vor Stalingrad, moderne Technokraten mit Machthunger, Kunst des Brückenbaus, Kindesmissbrauch – es wurde gefühlt kein gesellschaftliches, politisches oder künstlerisches Thema der letzten 200 Jahre ausgelassen, was den Roman an vielen Stellen leicht chaotisch wirken lässt.

Durch all diese Themen fallen auch die Figuren hinten runter. Es gibt keinen Sympathieträger, die meisten bleiben flach und unnahbar oder diffus in ihrem Handeln. Auch der Protagonist, der mal weltfremd zurückgeblieben erscheint und sich in seiner Dyslexie sonnt, dann aber wieder problemlos hochkomplexe Verträge liest und im Alleingang natürlich allen Schurken dieser Welt physisch und intellektuell überlegen ist, kann nur wenig überzeugen. Die Dialoge sind mir an vielen Stellen zu platt, gerade die polizeilichen Verhöre – da hätte ich mir bei ranghohen Mitarbeitern der Interpol mehr Raffinesse erwartet, als plumpes Ausfragen auf Dorfpolizistenniveau.


Viele Längen und unnötige Schleifen in der Handlung rauben dem Thriller die Spannung, blasse Figuren können ihn leider auch nicht tragen. 

Samstag, 20. September 2014

Eva Karnofsky - Opferfläche

Nach Jahren in Lateinamerika arbeitet Karola Krauss wieder als Journalistin in Deutschland. Als ein beliebter Lokalpolitiker und bekennender Fracking-Gegner getötet wird, wittert sie eine große Story. Doch ein Maulkorb ihres Chefs bremst sie aus. Es wird nicht gerne gesehen, wenn das Projekt amerikanischer Investoren mit negativen Schlagzeilen begleitet wird. Doch nicht nur beruflich steht sie vor dem Aus. Ihre Nachforschungen zu dem Bohrvorhaben machen sie zu einem gefährlichen Gegner und zum Ziel von Anschlägen. Hilfe erhält sie unerwarteterweise von ihrem Exmann, der sich aus gänzlich anderen Motiven an ihrer Arbeit beteiligt. Die Fracking-Befürworter sind jedoch bereit, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um weitere Enthüllungen zu verhindern - dabei schrecken sie auch vor weiteren Morden nicht zurück.

Ein Krimi, in dem der Mord und seine Aufklärung nicht im Vordergrund stehen. Ein gesellschaftlich brisantes Thema, dessen vielfältige Perspektiven und Interessen clever in die Handlung eingeflochten werden und das möglicherweise auf diese Art mehr in den allgemeinen Fokus geraten könnte. Man merkt, dass der Autorin das Thema Fracking nicht nur als Mittel zum Zweck dient, sondern einem persönlichen Interesse und Sorgen entwachsen ist. So finden auch ihre Figuren, die diesbezüglich für den normalen Leser hervorragende Schablonen bieten, einen Zugang zu einer ihnen neuen Thematik, deren Brisanz sich erst nach und nach erschließt und die zudem aufzeigt, wie Wirtschaft, Politik und Medien verflochten sind und die öffentliche Meinung steuern können.

Ein öffentlicher Appell, der als Unterhaltungsliteratur getarnt gleich mehrere Themen anreißt, die den Leser und Bürger nachdenklich machen. Dabei unterhaltsam und spannend geschrieben.

Sonntag, 14. September 2014

Chris Karlden - Unvergolten

Als Linda aus dem Koma erwacht, ist von ihrem Leben vor dem Unfall nichts mehr übrig. Ihr Mann ist tot und ihre Erinnerung weist zahlreiche Lücken auf. Hinzu kommen Halluzinationen, die sich kaum erklären lassen. Hat sie von dem Aufprall doch eine nachhaltige Schädigung davon getragen oder weshalb mag ihr niemand glauben? Sie ist sich sicher, dass ihr Mann nicht neben ihr saß – ebenso wie dass sie von ihrem früheren Entführer wieder verfolgt wird. Doch dieser ist angeblich tot. Als sich diese Information als falsch herausstellt und die junge Frau plötzlich als Mörderin verdächtigt wird, weiß sie selbst nicht mehr, was sie glauben soll.

Der Thriller beginnt mit einem eindrucksvollen und verheißungsvollen Prolog. Dem folgt aber eine anstrengende und quälende Leidensphase, die durch die Krankheit Lindas gekennzeichnet ist. Von Thriller ist hier nichts zu spüren. Es folgen immer mehr Halluzinationen und falsche Erinnerungen, so viele, dass es einem fast egal wird, was mit dem vermeintlichen Opfer ist und man sie endlich in der Psychiatrie wünscht. Viel zu lange dehnt der Autor dieses unsägliche Spiel mit dem Leser aus und verliert hierbei völlig die Geschichte und das Genre aus dem Auge. Das Ende gerät mit gleich mehreren Wendungen zu einem völligen Debakel. Lösung eins ist völlig unglaubwürdig, die nächste Wendung macht alles noch viel schlimmer bis dann die absurdeste aller Möglichkeiten das unglaubliche Finale bildet. Von der anfänglichen Spannung bleibt nur noch Frust.


Fazit: zu viel gewollt und dabei alles in den Sand gesetzt. Leider locken die ersten Seiten den Leser auf eine völlig falsche Fährte und es bleibt fast der Eindruck, als wenn diese zu einem ganz anderen Buch gehören würden.

Roberta De Falco - Die Trüben Wasser von Triest

Aus den trüben Wassern von Triest wird die Leiche einer alten Dame gefischt. Was sich zunächst wie ein Unfall anlässt entwickelt sich schnell zu einem undurchdringlichen Fall. Ursula Cohen wurde gehasst, von allen Menschen, die mit ihr zu tun hatten. Immer länger wird die Liste der Verdächtigen: Martin Skok, der Gärtner und Chauffeur, den sie andauern schikanierte und dem sie mehrere Monatsgehälter schuldete; Violeta Amado, ihre Pflegerin, der sie das Leben zur Hölle machte; Danilo Ros, der Eigentümer der Villa, in der sie zeitlebens wohnen durfte und der die alte Frau endlich loswerden wollte; Sergio Cohen, ihr verschuldeter Neffe, der durch die Erbschaft wieder etwas Luft zum Atmen bekommen hätte; dessen Exfrau Marisa, die es ebenfalls auf die Villa und das Geld abgesehen hatte und daher die Dame regelmäßig besuchte. Commissario Benussi und seine zwei Inspektoren Elettra Morin und Valerio Gargiulo drehen sich scheinbar im Kreis. Je mehr sie von der Tatnacht aufdecken, desto verdächtiger werden alle und an Motiven mangelt es nicht. Ist die Entdeckung Violetas über Ursula Cohens Vergangenheit der Schlüssel zur Lösung?

Der Krimi taucht ab in traurige Seelen, enttäuschte Lebensgeschichten und den Wunsch vergangenes Leid zu rächen. Es ist nicht so sehr die spannende Frage nach dem Mörder, die den Roman trägt, sondern das Leid einzelner Figuren, das sich nach und nach entfaltet und ihr verhalten erklärt, wenn auch nicht entschuldigen will. Ein großes Geständnis über das Leben des Opfers rundet die Geschichte am Ende ab. Der Fall dreht sich scheinbar im Kreis doch ist dieses Kreisen nur ein annähern an die Figuren, die im Gegensatz zu vielen Romanen des Genres hier alle nicht oberflächlich bleiben, sondern ungeahnte Tiefen erhalten. Auch die Atmosphäre des Handlungsortes wird nicht nur eingefangen, sondern zum elementaren Bestandteil.


Kein klassischer Suspense Krimi, der an den Nerven zehrt, sondern eher eine Psychostudie mit Mord.

Eric W. Steinhauer - Büchergrüfte

Eric Steinhauers Büchlein kommt schon in einer recht bemerkenswerten Aufmachung daher. Schlicht in schwarz gehalten mit klassischer Schrift und als einziges Bildelement einem Totenkopf lockt es den Leser. Auch im Fontispitz wird dieses Design wiederholt, unzählige Weiße Totenköpfe auf schwarzem Grund – und ein einziger in rot. Auch im Buch selbst wird durch Ratten, Totenköpfe, Fledermäuse etc. mit einer Auswahl an Gruselelementen durch die Gestaltung der Inhalt unterstützt. Eine sehr gelungene, durch und durch stimmige Aufmachung des Buches.

In sieben Kapiteln wird dargelegt, welchen morbiden Zusammenhang es zwischen Büchern, Bibliotheken, dem Lesen und dem Tod gibt. Manche sind dabei mehr gelungen andere wirken leider etwas bemüht. Der Leser erfährt etwas über Bibliotheksbestattungen, Leichenteile als Exponate und Einbände aus Menschenhaut – eine interessante Zusammenstellung allerlei früher üblicher und heutzutage weitgehend verschwundener Praktiken. Auch die Gefahren auf mikrobiologischer Ebene, die durch unzählige Benutzer und dem Buch als Trägermedium ausgehen, sind durchaus aufschlussreich und zugleich lassen sie einem im Umgang mit dem Buch kurz innehalten. Der Missbrauch von Büchern, sie als Träger gefährlichen Wissens zu deklarieren und damit zu Ursachen psychischer Erkrankungen zu deklarieren ist ein historisch belegtes und heute noch immer vorhandenes Faktum. Vampire und allerlei dem Aberglaube entsprungene Kandidaten finden ebenso ihren Platz in einem Kapitel wie zuletzt die Gedanken zur Zukunft des gedruckten Buches und Bibliotheken in der digitalen Welt.


Eine unterhaltsame Zusammenstellung die den Titel sehr weit greift und viele unterschiedliche Aspekte einschließt. Nicht alles ist völlig neu, der Plauderton lässt aber auch diese Teile unterhaltsam werden.

Sonntag, 7. September 2014

Klara Nordin - Totenleuchten

Tiefer Winter in Lappland. Linda Lundin soll dort ihren Dienst als Kommissarin antreten, in der beschaulichen Gegend wird es wohl nicht viel für sie zu tun geben. Doch der bestialische Mord an einem Jugendlichen fordert sie sofort heraus. Sie lernt die Welt der Samen kennen, wo andere Werte zählen und die Menschen gegenüber Fremden verschlossen sind. Trotz der tatkräftigen Unterstützung von Margareta und Bengt kommen sie nicht voran. Es scheint als ob alle ihre kleinen Geheimnisse hätten und diese unter den Massen an Schnee gerne verstecken würden.


Klara Nordin gelingt es besonders gut die Stimmung einzufangen – das kalte, schneebedeckte Lappland und seine Bewohner, die Jahrhunderte alte Traditionen fortführen und mit der Natur im Einklang leben. Aber auch gesellschaftliche Aspekte werden aufgerissen, die schwedischen Regionen mit ihren Unterschieden und Vorurteilen. Der Krimi selbst lebt mehr von den Figuren, die liebevoll gezeichnet werden und mit ihren Geschichten die Handlung zum Leben erwecken. Trotz des Mordfalls bleibt die Spannung etwas zurück, was aber dem lesevergnügen keinen Abbruch tut, wenn man sich auf die Erzählung einlässt. Der Fall wird schließlich überzeugend gelöst und mit dem pikanten Epilog zu einem sauberen Ende gebracht. Von dem Ermittlertrio und dem Bewohnern Jokkmokks darf es gerne noch Nachfolgebände geben.

Samstag, 6. September 2014

Tania Blixen - Babettes Fest

Die Schwester Martine und Philippa fristen ein asketisches Dasein, das von der Hilfe für Bedürftige bestimmt ist. Als in Frankreich die Kriegslage verzweifelt wird, erreicht sie die Bitte eines alten Freundes, eine ältere Dame bei sich aufzunehmen. Als Katholikin ist sie den jungen Frauen nicht geheuer, aber sie stellen sie als Köchin an mit dem Verweis, ihren Lebensstil zu pflegen. Babette bemüht sich und nach zwölf glücklichen Jahren bei den Schwestern erfährt ihr Leben einen jähen Einbruch: sie hat in der Lotterie gewonnen. Philippa und Martine rechnen damit, dass sie in ihre Heimat zurückkehren möchte, doch Babette hat einen anderen Wunsch: sie möchte ihre Leidenschaft und Kunst ausleben und den Mädchen zum Dank ein Fest ausrichten.


Eine kurze Geschichte, die von Hannelore Hoger stimmungsvoll vorgelesen wird. Die Angst und Vorurteile der beiden jungen Frauen, die vom Vater tief geprägt sind und sich ganz dem Leben für die Kirche verschrieben haben, werden am Ende zum starken Gegensatz von Babette, die die Kochkunst als Handwerk beherrscht und aus feinsten zutaten ein Meisterwerk zu kreieren weiß.

Harlan Coben - Butterfly Code

Nach Jahren in aller Herren Länder wollen Mickeys Eltern ihm ein geregelteres Leben in den USA ermöglichen. Doch sein Vater stirbt bei einem Autounfall und seine Mutter betäubt sich danach mit Drogen. Der Junge muss also zu seinem Onkel ziehen und zum ersten Mal in eine Highschool gehen. Dort findet er schnell Anschluss zusammen mit ihm ist auch Ashley neu an der Schule, doch plötzlich verschwindet das Mädchen. Außer ihr findet Mickey in den Außenseitern Ema, ein verschlossenes aber cleveres Mädchen, und Löffel, dem chaotischen Sohn des Hausmeisters, gut Freunde, die sich mit ihm auf die Suche machen. Eine Spur führt zum Haus der „Hexe“, die schon jahrzehntelang die Kinder der Umgebung in Angst und Schrecken versetzt. Auch Mickey fühlt sich nicht ganz wohl dort. Als sie ihm eröffnet, dass sein Vater noch lebt, ist seine Neugier geweckt. Welcher Arbeit sind seine Eltern nachgegangen und warum besitzt auch er gefälschte Ausweise von hervorragender Qualität? Mickey ahnt noch nicht, dass er sich und seine Freunde in Lebensgefahr bringt.

Ein spannender Jugendroman, der die großen Themen Freundschaft, erste Liebe, die Frage danach, wo man herkommt und die oftmals nicht leichten Beziehungen zu den Eltern aufgreift. Interessant, dass Coben hier seinen Protagonisten Myron Bolitar in ganz anderer Rolle und auch nur als Randfigur wiederauferstehen lässt und so seine andere Reihe mit dieser verknüpft.


Die Jugendlichen bieten viel identifikationspotenzial. Mickey als mutiger Sportler, Ema das tätowierte Mädchen, das mit Computern umzugehen weiß und die intelligente Stütze der Gruppe ist, Löffel mit kuriosen aber guten Ideen und der Bereitschaft einiges für seine Freunde zu riskieren, auch wenn die Ideen bisweilen eher kritisch sind. Auch das Cheerleader-Mädchen Rachel, das nicht so oberflächlich ist, wie es scheint, bietet für junge Leser einen Anknüpfungspunkt. Daneben ist der Roman spannend, die Handlung möglicherweise an einigen Stelle etwas zu hochgegriffen für einen Jugendroman und nicht ganz glaubwürdig gemessen am Alter der Figuren. Der Fall wird jedoch sauber und klug gelöst und als Auftakt einer Serie ist Coben ein überzeugender Roman gelungen – ebenso wie in seiner Reihe für Erwachsene Leser.

Mittwoch, 3. September 2014

Liane Moriarty - Little Lies

Jane hat endlich den perfekten Ort für sich und ihren Sohn Ziggy gefunden. Nach am Meer, eine gute Schule und die Bewohner leben alle in diesen glücklichen Bilderbuch-Familien – mit beiden Elternteilen, die sich lieben, Mütter, die sich um die Erziehung kümmern. Dort kann sie vielleicht vergessen, was war. Schnell findet sie Anschluss, auch wenn sie so gar nicht ist, wie die anderen Mütter. Eine falsche Beschuldigung ihres Sohnes droht alles ins Wanken zu bringen, doch mit der tatkräftigen Madeline und der bezaubernden Celeste hat sie schlagkräftige Unterstützung. Aber unter der perfekten Oberfläche brodelt es bereits und über die Kinder werden schwelende Konflikte ausgetragen. Die heile Welt hatte vorher schon Risse aus denen jetzt Gräben werden und am Ende wird ein liebendes Elternteil mit seinem Leben bezahlen.

Für mich das Highlight 2014. Liane Moriarty ist es gelungen, eine unglaubliche Mischung zwischen spannendem Krimi, erschreckend realitätsnaher Sozialstudie und Unmengen an Situationskomik in einem einzigen Roman glaubwürdig zu verbinden. Der Mord steht am Anfang, ohne jedoch das Opfer zu benennen, was hier für den Leser viel Raum zu Spekulation lässt. Die clevere Konstruktion am Ende der Kapitel viel- und nichts-sagende Zeugenaussagen aufzunehmen, die kurze Einblicke in die gar nicht so tolle Welt der Bewohner Pirriwees geben, hält die Spannung stets hoch. Das hochgradig absurde und klischeehafte Verhalten mancher Mütter – welches keineswegs übertrieben, sondern leider genau so in vielen Orten der Welt anzutreffen ist – sorgt für die heiteren Momente, verschleiert aber auch nicht, wie schnell aus falschen Annahmen und Deutungen Selbstläufer werden, die sogar ein Leben zerstören können. Überhaupt zeigt das Buch auf unterhaltsame Weise, wie schnell man sich täuschen lässt und wie fern oft die Wahrheit vom schönen Schein ist.


Fazit: trotz des etwas flachen Endes war das Buch für mich das Lesehighlight 2014. Man kann es kaum aus der Hand legen, fiebert und ärgert sich mit den Figuren, wartet ungeduldig auf die Auflösung und schärft vielleicht auch nochmals den Blick für die eigene Umgebung.
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