Dienstag, 26. November 2013

Thomas Mann - Buddenbrooks: Verfall einer Familie

Bei einem Buch von knapp 850 Seiten ist der Inhalt schwerlich kurz zusammenzufassen.
Thomas Mann zeichnet das Leben einer Lübecker Kaufmannsfamilie ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Johann, genannt Jean, der mit seiner Frau Elisabeth das kleine Imperium aufbaut und Hoffnung in den Nachwuchs, die Söhne Thomas und Christian sowie die Tochter Antonie, steckt. Dies scheint auch zunächst alles wunderbar zu funktionieren: Tony wird gutsituiert verheiratet, Thomas findet sich schon früh in den Laden ein, einzig Christian geht seines Weges. Doch bald schon ziehen schwarze Wolken auf. Tony lässt sich scheiden, auch eine zweite Hochzeit endet bitter. Thomas heiratet spät, sein Sohn Hanno ist zeitlebens schlechter Gesundheit und Christian kann sich nie an das bürgerliche Leben gewöhnen. So endet schließlich die Linie der Buddenbrooks und die Geschäfte werden von anderen übernommen.

Thomas Mann erzählt die vielen Jahrzehnte in changierendem Tempo. Mal erleben wir minutiös fast identisch mit der erzählten Zeit, was sich zuträgt, dann springen wir wieder über Jahre. Der Fokus wechselt zwischen den Figuren, wobei mit Thomas ein Protagonist und Stammhalter doch zentral bleibt. Man kann sich sicherlich ein gutes Bild des Bürgertums im 19. Jahrhundert machen, nicht immer kommen die Figuren dabei glücklich davon, was dem Autor wohl auch einige Kritik einbrachte, aber hier scheint der Wiedererkennungswert groß genug gewesen zu sein, um dies überhaupt artikulieren zu können.

Einen anerkannten Klassiker kann man nur schwer kritisieren, wenn man sich nicht eingehender mit dem Werk beschäftigt hat. Mir persönlich waren die Buddenbrooks schlichtweg zu lange. Bis Kapitel 7 floß der Text flott dahin, doch dann wurde es für mich einfach zäh. In weiten Teilen war die Geschichte für mein Empfinden erzählt und hatte nicht mehr viel zu bieten. Die Figuren entwickeln sich kaum und können nicht als Vorbild für Zeitgenossen dienen, immer schwebt über allen die schicksalhafte Ergebenheit, die in Untätigkeit resultiert. Selbst Revolutionen und Kriege vor der Haustür werden ignoriert und abgetan wie momentanes schlechtes Wetter. Dem Autor scheint das politisch-soziale Umfeld schlichtweg egal. Eine Literatur nur der Literatur wegen kann ich akzeptieren, bleibt aber hinter den Möglichkeiten zurück. Für mich bietet der Roman daher zu wenig Potential für den Leser, sich daran abzuarbeiten. Passivität führt nie zu Entwicklung und langweilt auch bisweilen. Leider war für mich auch sprachlich das große Talent nicht erkennbar. Einzelne sehr gelungene Formulierungen sind auf 850 Seiten zu erwarten, insgesamt herrscht jedoch durchschnittliche Banalität.
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